Er ist der kleinste Vogel Deutschlands: Das Wintergoldhähnchen ist so winzig und mager, dass es nicht mal Fressfeinde hat. Und trotzdem wettert das Federbündel sogar härteste Schneewinter erfolgreich ab. Ein zäher Held, den man leicht übersieht.
50 mal 50 Meter - das kleinste Revier Kaum ein anderer Vogel kommt mit weniger Platz aus: 16 bis 19 große nadelbäume - größer ist die Welt eines Wintergoldhähnchen-Paares nicht. In diesem Revier, dessen Ausdehnung kleiner ist als die Fläche eines Fußballfeldes, finden die Tiere genug Nahrung für sich und den Nachwuchs. Sie suchen dazu die Baumrinden und Zweige ab. Im Winter schlüpfen die Mini-Vögel sogar unter die Schneedecke, um dort nach Kleinstlebewesen zu suchen.
4 Gramm, 9 Zentimeter, 10 Stunden Arbeit Dieser Vogel sammelt Rekorde: Er wiegt kaum mehr als ein Esslöffel Zucker, misst vom Schnabel bis zur Schwanzspitze 9 Zentimeter - etwas mehr als ein Feuerzeug - und frisst mehr als doppelt so viel wie ein Seeadler, natürlich nur im Verhältnis zur Körpergröße. Das Wintergoldhähnchen muss täglich das eigene Körpergewicht an Futter zu sich nehmen - mindestens. Daher wendet es fast die ganze Zeit für die Futtersuche auf. Gefressen werden Spinnentiere, Insekten und ihr Larven sowie Springschwänze.
Ein Meisterwerk der Tier-Architektur Wären Vögel bei Architektur-Wettbewerben zugelassen- das Nest des Wintergoldhähnchens würde den ersten Preis gewinnen. Es ist ein Wunder an Festigkeit, Sicherheit, Flexibilität und Isolierungstechnik. Die statischen Teile werden mit feinstem Spinnengarn und Raupenseide an die Unterseite eines Fichtenasts gewebt. So befestigt, hält es schwersten Stürmen stand und ist so elastisch, dass es sich ausdehnt, wenn der Nachwuchs größer wird. Genial ist auch die Außenhülle: Sie besteht aus dri Schichten von Flechten, lockerem Moos, Federn und Tierhaaren. Diese Isolierung ist so gut, dass das Weibchen die Eier bis zu 25 Minuten lang allein lassen kann, ohne dass sie abkühlen.
12 Eier und jede Menge Gesangsstunden Noch ein Rektor: Kein anderer deutscher Vogel hat so große Gelege. Vor der Ablage verdoppelt das Weibchen sein Körpergewicht und ist praktisch flugunfähig. Dann legt es bis zu zwölf winzige Eier. Nach dem Ausschlüpfen bleiben die Jungen bis zu 24 Tage im Nest und bekommen stundenlang Gesangsunterricht. Denn die Erkennungsmelodien sind nicht angeboren, sondern müssen erlernt werden. Hören kann man die Laute als Mensch übrigens kaum. Sie liegen an der Grenze zum Ultraschall-Bereich.