Es gibt 33 Robbenarten auf der Welt, die alle einander ähneln: Sie werden selten länger als zwei Meter, wiegen weniger als eine ausgewachsene Dogge und verhalten sich auch ansonstigen angenehm unauffällig. Wie gesagt: Es gibt 33 Robbenarten, die sich alle an diese Gesetzmäßigkeiten halten - und eine Ausnahme. See-Elefanten nämich bringen mehr Gewicht auf die Wage als zwei Mittelklasse-Limousinen und werden länger als ein durchschnittliches Sportboot. Genau genommen entsprechen ihre Maße nahezu denen eines ausgewachsenen Weißen Hais. Was irgendwie kein Wunder ist: Bereits das Geburtsgewicht eines See-Elefanten ist höher als das adulter Robben anderer Arten - und es verdreifacht sich bereits innerhalb ihrer ersten 40 Lebenstage...
Und ja, das alles bringt viele Nachteile mit sich: das Umherwuchten ihrer korpulenten Körper ist derart anstrengend, dass Bullen zum Teil mitten in ihren Rangordnungskämpfen so stark ermüden, dass sie an Ort und Stelle in Tiefschlaf fallen. Was unschön ist, immerhin kämpfen die dominanten Herren - im Fachjargon "Strandmeister" genannt - um die Besitzrecht an Harems, die bis zu 60 Weibchen umfassen. Die Anstrengung und die Konkurrenz sind so groß, dass die Bullen in dieser Zeit ununterbrochen an Land Wache schieben. Sie fressen drei Monate lang gar nicht - denn jeder Gang ins Meer würde ihre Energiereserven zu sehr erschöpfen.
Tatsächlich schein die Masse der Tiere einen so großen Nachteil darzustellen, dass Forscher lange über die Hintergründe rätselten. Die Antwort - blieb zunächst aus: Die Tiere lassen sich nicht mit Sendern ausstatten, schätzen Feldstudien wenig - und direkte menschliche Nähe gar nicht. Erst durch Radar-Messungen kam heraus: Ausgerechnet diese Giganten, die an Land kaum vorwärtskommen, sind im Wasser wahre Tänzer, denn hier verkehrt sich alles zu ihrem Vorteil: Durch das enorme Blutvolumen ihres Körpers speichern sie große Menschen an Sauerstoff und erreichen Tiefen von fast 2400 Metern - als einziges Säugetier taucht nur der Pottwal noch tiefer. Heute ist erwiesen, dass See-Elefanten Strecken von fast 5000 Kilometern zurücklegen. Genau genommen verelassen sie das Meer jedes Jahr nur zwei Mal: zum Fellwechsel - und zur Paarung. Ein Kraftakt, der ihnen schon viele gemeine Spitznamen einbracht: "Fleisch-Walzen" etwa oder "Detonatoren". Nun, zum Glück kennen wir inzwischen die Wahrheit - und wissen, dass auch Dreieinhalb-Tonnen-Kolosse tanzen können....
Dorothee Teves
Quelle: Ein Foto und seine Geschichte, TV Hören und Sehen, 7/10