Das mit dem ersten Trompetenstoß ist so eine Sache. Für einen kleinen Elefanten eine ziemlich erschreckende sogar. "Als Olmeg das erste Mal aus Versehen loströtete", sagt Daphne Sheldrick, "machte er auf dem Absatz kehrt und flüchtete entsetzt in meine Arme." So einen Lärm, erzählt die 65-Jährige, hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gehört - und jetzt verursachte er ihn auch noch selbst. Das war zu viel. "Wir mussten ihn vier Stunden streicheln, bis er sich beruhigte...". Die alte Dame lächelt - sie kann viele solcher Geschichten erzählten, denn ihre Farm in Nairobi ist das einzige Elefantenwaisenhaus der Welt. Hier gelingt, was jahrzehntelang als unmöglich galt: die Aufzucht und Auswilderung kleiner Dickhäuter. "Wenn Elefanten ihre Eltern verlieren", sagt Daphne Sheldrick, "trauern sie über Monate - sie wachen schreiend auf mit Albträumen, verweigern ihr Futter. Einige stellen sich sogar ihren Rüssel, um sich die Atemluft abzuschnüren - sie wollen nicht mehr leben." Das einzige, was hilft - das ist unendlich viel Liebe, und so kümmert sich Daphne Sheldrick rund um die Uhr mit einem Heer von Pflegern um die kleinen Tiere. Sie sagt: "Die Babys dürfen nie alleine sein - in der Wildnis verbringen sie die ersten zwei Jahre ihres Lebens fast ausschließlich unter dem Bauch der Mutter...". Elefanten sind die sensibelsten Babys der Welt - sie müssen vor Sonne, Kälte, Wind geschützt sein, dürfen keine Nacht alleine schlafen.
Kaum zu glauben dass ausgerechnet diese Tiere eine anatomische Meisterleistung sind: Ihre Hitzebeständigkeit, die mit zehn Jahren ausgereift ist, läßt sie Temperaturen von bis zu 40 Grad verkraften - und das, obwohl ihre 2,5 Zentimeter dicke Haut empfindlich genug ist, um jeden Mückenstich warzunehmen. Erst seit kurzem wissen Forscher, dass Elefanten bei Überhitzung 90 Prozent ihrer Körperwärme über die Ohren abgeben - ein Kühlaggregat, das besser funktioniert als alles, was je von Menschenhand hergestellt wurde. Erstaunlich ist auch ihr Sehvermögen: Bei Tageslicht erkennen sie Objekte in maximal 100 Metern Entfernung - nachts aber ist ihre optische Reichweite fünfmal so groß. Anatomisch unmöglich - und doch eine Tatsache. Ebenso phänomenal ist das Elefantengedächtnis. "Sie merken sich alles", sagt Daphne sheldrick. "Deswegen ist es so wichig, ihnen zu zeigen, wie sehr wir sie lieben - denn diese Liebe wird ihnen immer in Erinnerung bleiben."
Dorothee Teves
Quelle: Ein Foto und seine Geschichte, TV Hören und Sehen, 2/10