Es heißt, der Mensch kenne alls 99 Namen Allahs; der hundertste jedoch sei nur den Kamelen bekannt. Ja, wirklich - den Kameln. Nicht der Sonne, dem Wind oder dem Universum, sondern ausgerechnet diesen merkwürdigen Wesen, die einen immer irgendwie leicht verdrießlich anblicken und mit einer gewissen herablassung einfach weiter kauen daei. Auch, wenn sie gerade gar nichts zum Fressen im Maul haben. Außerdem schnarchen sie lauter als eine Horde betrunkener Mameluken, und ehrlich gesat riechen sie auch so. das ich ich in vielen - den Umständen entsprechend wenig geruhsamen - Nächten erfahren, denn seit mehr als 20 Jahren begleite ich Touristen auf Kamelkaravanen durch die Sahara. Meine Tiere sind Profis - sie vermitteln ein sehr authentisches Abenteuer-Feeling. Meistens dadurch, dass sie nach den Gästen schnappen, wenn die versuchen, neben ihnen für irgendwelche Schnappschüsse zu posieren. oder indem sie ihre Sandalen fressen, aber natürlich nur die teuren aus Leder. Ich bin mittlerweile gegen solche Schäden versichert. Es ist einfach müßig, westlichen Menschen zu erklären, dass Kamele in der Not sogar blanke Knochen und Zeltplanen fressen können, um zu überleben; dass ihr Körper selbst salzhaltige Pflanzen verwertet und dass er mit den Fettreserven aus den Höckern einen Monat ohne Nahrung auskommt. Das alles bei gleichbleibender Leistung, was praktisch ist, denn wir hatten bereits überaus füllige Besucher. Aber meine Kamele befördern selbst Lasten von 400 Kilo über eine beachtliche strecke. Bei mehrtägigen wettrennen sind beladene Kamele sogar gegen Pferde ungeschlagen; ich musste bisher jedenfalls keinem Kunden eine Absage erteilen.
Dafür versuche ich stets, meinen Gästen ein wenig Kamelkunde zu vermitteln. Ich erkläre, dass die Beschaffenheit des Kamelfells Hitze in den äußeren Schichten absorbiert und eine Erwärmung des Körpers verhindert; dass die Tiere ihre Körpertemperatur nachts auf 34 Grad absenken und tagsüber auf unfassbare 41 Grad heraufsetzen können. Manchmal schweife ich ab und berichte sogar von den Kamelen, die bis heute in Indien und Ägypten im Militärdienst sind. gut, ich vermute, die Soldaten, die mit diesen Tieren dienen, haben keine Geruhsamen Nächte, und wahrscheinlich schließen sie jede Nacht ihre Lederstiefel weg. Aber dafür dienen sie an der Seite der einzigen Wesen, die den hundertsten namen allahs kennen. Ich finde, das ist ein Trost. Auch wenn die Kamele uns garantiert nie an ihrem Wissen teilhaben lassen werden.
Danda Ahanou
Quelle: Ein Foto und seine Geschichte, TV Hören und Sehen, 46/09