Eulen sind vornehme Tiere, das kann jeder Pfleger der "Owl Sanctuary" in Louisiana bestätigen. Sie werfen nicht mit Gegenständen, täuschen nicht ihren eigenen Tod vor, und niemals würden sie auf die Idee kommen, irgendwelche absurden Ausbruchspläne zu schmieden. Das allerdings war, bevor Big J und seine Bande alles in Aufruhr versetzten...
"Die tiere wurden zeitgleich eingeliefert", sagt die Pflegerin Marlee Danger. "Vier Eulen, die aufgepäppelt werden mussten." Schnell kristallieren sich die unterschiedlichsten Persönlichkeiten der Vögel heraus. Oops, der Jüngste, ist ein kleiner Tollpatsch; der kräftige Harold, der Beschützer; der aufgedrehte Whizkid, das Genie. Der Anführer ist Big J - ein hochgewachsener Vogel, der sich offenbar vorgenommen hat, alle Regeln zu brechen. "Es fing mit ein paar Streichen an", sagt marlee. Die Bande beginnt Kämpfe vorzutäuschen, bei denen es mal zwei, mal drei und manchmal sogar vier angebliche Todesopfer gibt, die sich stets als putzmunter erweisen, sobald Pfleger heraneilen. Gemeinsam bombardieren sie das Personal mit Gewölle, stimmen Schrei-Konzerte an und lockern die Halterungen ihrer Ansitze so geschickt, dass sie Marlee mehrfach auf den Kopf fallen. "Diese Eulen raubten uns den letzten Nerv", sagt die Pflegerin. "Als sie eines Nachts aus ihrem Käfig verschwunden waren, war ich erleichtert." Sie hakt die Sache ab. Bis zu jenem Tag, an dem Oops vor der Station gefunden wird. "Er hatte eine vergiftete Maus gefressen", so Marlee. "Wir nahmen ihm auf." Und nicht nur ihn: Am gleichen Abend finden sich auch Harold, Whizkig und Big J vor dem Krankentrakt ein. "Sie ließen sich nicht verscheuchen", sagt marlee. "Die Eulen gaben erst Ruhe, als wir sie zu Oops brachten". Eine Woche verhalten sich die Vögel vorbildlich. Doch mit Oops' Genesung beginnen die Frechheiten von vorne - bis die vier eines Nachts wieder verschwunden sind.
Marlee schüttelt den Kopf: "achtmal habe ich dieses Spiel seitdem mitgespielt", sagt sie. "Die Eulen kommen wieder, wenn einer von ihnen Hilfe braucht. Sie quartieren sich gemeinsam ein, warten die Heilung ab - und tanzen uns wieder auf der Nase herum, bis sie plötzlich ausbrechen." Bis heute weiß niemand, warum die Eulen das tun. Auf jeden Fall haben sie durch ihre Streiche eine Menge Fans gewonnen: T-Shirts mit den Aufdrucken der einzelnen Vögel sind ausverkauft, und fast täglich kommen Schulklassen zu Besuch. Die Kinder lieben die Eulen - weil diese Tiere beweisen, dass man nur zusammenhalten muss, um die ganze Welt auf den Kopf zu stellen...
D. Teves
Quelle: Ein Foto und seine Geschichte, TV Hören und Sehen, 50/09